Das Wendejahr 1986
Das Jahr 1986 kann man ohne Übertreibung als Zeitenwende in der verstaatlichten Industrie und somit auch in der Voest-Alpine betrachten. In diesem Jahr werden die Grundsteine gelegt, die am Ende zu einer Privatisierung des Unternehmens führen werden. Auch die Weichen der im kommenden Jahr entstehenden Stahlstiftung werden in diesem Jahr durch die komplette Umstrukturierung und Neugliederung des Unternehmens mehr oder weniger gelegt, da eines bereits feststand, dieser Beschäftigungsstand war nicht weiter aufrecht zu erhalten. Das Jahr begann gleich turbulent. Im Jänner demonstrierten 45.000 Menschen in Linz für den Erhalt der Voest. Die Betriebszeitung schrieb von der »größten Kundgebung in der Zweiten Republik: Gegen die Privatisierung der Verstaatlichten und Gemeinwirtschaft, für die Erhaltung der Arbeitsplätze! Für die gesicherte Zukunft unserer Betriebe!« (Betriebszeitung ,1986, S.4).
Im Februar beschäftigte sich die Bundesregierung (Ministerrat) mit einem neuen ÖIAG-Gesetz. Es sollte die Verstaatlichte fit für die neuen Herausforderungen machen. Am 4. April wurde es dann auch beschlossen. Gleich im ersten Paragraphen wurde die Namensänderung von »Österreichische Industrieverwaltungs-Aktiengesellschaft« in »Österreichische Industrieholding Aktiengesellschaft« festgehalten. Der wesentlich Punkt wird allerdings in § 2 ersichtlich, wo es heißt: »die Gesellschaft kann für die Konzernunternehmen verbindliche Richtlinien erlassen« (Bundeskanzleramt 2017. Gesamte Rechtsvorschrift für das ÖIAG-Gesetz). Damit wurde der Holding, also der Dachgesellschaft, ein strategisches Durchgriffsrecht auf die Konzerntöchter - wie etwa der Voest - ermöglicht. Auch wurde der Aufsichtsrat von 21 auf 14 Mitglieder verkleinert. Von einer Entpolitisierung konnte aber keine Rede sein, denn wie im § 4 festgehalten, liegt die Oberhoheit beim Bundesminister (Verstaatlichtenminister). Er hat vor Bestellung oder Abberufung eines Aufsichtsratsmitgliedes »seinen Vorschlag der Bundesregierung zur Kenntnis zu bringen und über diesen Vorschlag sodann dem Hauptausschuss des Nationalrates zu berichten«. (ebd.). Weiter wurden 2 Mitglieder vom Österreichischen Arbeiterkammertag vorgeschlagen und dem Aufsichtsrat hatte auch je ein Vertreter des Bundesministers und einer des Finanzministers anzugehören. Chef der neuen Staatsholding wird 1986 der damals 45-jährige Hugo Sekyra. Er beginnt mit der Zerschlagung der Voest-Alpine in einzelne Sparten / Einheiten – Jahre später heißen sie dann Divisionen - wo jede für sich einzeln bilanziert. Als Assistent diente ihm der damals 26-jährige Alexander Wrabetz. Finanzchef und Stellvertreter des Generaldirektors der Voest-Alpine wird der damalig 44-jährige Claus Raidl.