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Der Lederfabrikant Wilhelm Poeschl aus Rohrbach (1901 – 1998)

Autorin: Monika Klepp

Facetten einer Unternehmerkultur

Zu seinen persönlichen Leidenschaften zählte die Jagd. 18 Jahre hatte er das Amt des Bezirksjägermeisters inne, 1998 erhielt er das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Jagdwesen. Im großbürgerlichen Lebensstil des Unternehmers hatte auch das Reiten einen festen Platz. Während seiner Wiener Studienzeit hatte er in der Spanischen Hofreitschule diesen Sport erlernt. In den Sechzigerjahren verbrachte der befreundete und damals schon betagte Bereiter Herold einige Sommer in Rohrbach und ritt die Pferde des Fabrikanten zu. Seine Reitpferde wurden von einem eigenen Pfleger versorgt, der seinen Herrn bei Ausritten im angemessenen Abstand von ca. 20 Schritt begleitete. Nach persönlichen Aussagen interessierte sich Wilhelm Poeschl neben Literatur für Geschichte und Politik. Beide Bereiche hat er für Rohrbach und die Region in entscheidendem Ausmaß mitgestaltet.

Für viele Mitglieder der Familie Poeschl war die Rohrbacher Herkunft lebensprägend. Von den beiden Töchtern Wilhelm Poeschls lebt Pia von Tupay-Isertingen (geb. 1926) mit ihrer Familie in der Rohrbacher Stadtvilla, Jutta Huszarek (geb. 1924) ist in Salzburg verheiratet. Frau Pia Tupay erinnert sich an die sonntäglichen Einadungen bei den Großeltern, an die Kinderspiele zwischen den zum Trocknen aufgehängten Lederhäuten in der Fabrik und an die Rundgänge mit dem Nachtwächter durch das Firmengelände. Die beiden Schwestern Wilhelm Poeschls, Clara und Wilhelmine, verlebten hier ihre Jugend und kehrten mit ihren Familien gerne in das Haus der Kindheit zurück. In einem Brief an Dir. Karl Schützeneder aus dem Jahre 2000 spricht Dr. Peter Plunger von der Geborgenheit und anregenden Atmosphäre im großelterlichen Haus, von den erholsamen Sommeraufenthalten und einprägsamen Jagderlebnissen. Einen besonderen Anziehungspunkt stellte für ihn die Firma dar, hier habe er hautnah Technik, Physik und Chemie erlebt, was sein naturwissenschaftliches Interesse geweckt habe. Nach dem Tode seiner Frau 1981 lebte Wilhelm Poeschl weiterhin in seiner Villa mit Büchern und Jagdtrophäen. Journalisten und Freunden gab er bereitwillig fachkundige Auskünfte über Firma, Zeitgeschehen und Lebensstil. OSR Karl Schützeneder, der mehrere Gespräche mit ihm führte, trug Dokumente zu Wilhelm Poeschls Leben, Wirken und Persönlichkeit mit Sorgfalt und Akribie zusammen. Wilhelm Poeschl verstarb am 8. Juni 1998, sein Leben umspannte nahezu ein ganzes Jahrhundert.

Jede Zeit stellt ihre Anforderungen und ist mit Veränderungen verbunden. Die Fabrikshallen wurden nach der Schließung abgetragen. Vor wenigen Jahren entstanden auf diesem Areal die Gebäude der Bezirkshauptmannschaft und des Bezirksaltenheims. Die Stadtgemeinde Rohrbach erwarb die Villa und gestaltete sie zu dem zeitgemäßen und vielbesuchten Museum "Sinnenreich" um.

Wilhelm Poeschl im Gespräch mit Direktor Schützeneder
Wilhelm Poeschl im Gespräch mi Direktor Schützeneder. Bildquelle: Archiv des Bezirksheimatvereins Rohrbach