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Franck in Linz

Geschichte eines Familienunternehmens

Autor: Roman Sandgruber

Die Marke Franck

Der Löwe als Markenzeichen von Kaffee
Der Löwe als Markenzeichen von Kaffee.
Ersatzkaffee war eines der ersten Produkte, bei dem Marken und Werbung eine entscheidende Rolle zu spielen begannen. Der Vertrieb basierte anfangs vornehmlich auf persönlichen Beziehungen und gegenseitigem Vertrauen. Johann Heinrich Franck, der Firmengründer, besuchte seine Kunden alle noch persönlich. Größere Strecken legte er mit dem Pferdewagen zurück. Im frühen 20. Jahrhundert kam das Auto dazu. Immer wichtiger wurde auch der Postversand. Je größer und anonymer der Markt wurde, umso wichtiger wurden gut eingeführte Qualitätsangaben. „Aecht Franck“ sollte schwäbische Glaubwürdigkeit signalisieren.

Die Produkte wurden lange Zeit ohne viele Sanktionen nachgeahmt. Der wortwörtliche Nachdruck der Etiketten galt nicht als unerlaubt und ehrenrührig. Geschützt war nur das eingetragene Fabrikzeichen, die Marke. Ab Mitte der 1870er Jahre gab es das deutsche Markenschutzrecht. Für die Kaffeeersatzindustrie war das besonders wichtig, da es geradezu zur Regel geworden war, Marken und Ausstattung zu kopieren.
Heinrich Franck hatte schon früh das Wappentier seiner Heimatstadt Vaihingen als Kennzeichen für sein Fabrikat gewählt: den auf vier Hügeln schreitenden Löwen mit darüber befindlicher Hirschraute. Löwenkaffee wurde daher auch zum Markennamen, vielleicht dem ältesten in der deutschen Nahrungs- und Genussmittelindustrie. Der Markenschutz wurde aber von den Konkurrenten durch zahlreiche Veränderungen des Löwensymbols umgangen. Weil der Löwe in so starkem Maße plagiiert und nachgeahmt wurde und zudem sehr wenig Kaffee spezifisch war, wurde durch die Hinzufügung einer Kaffeetasse noch eine Sonderkennzeichnung geschaffen und wählte man die Kaffeemühle als neues aussagekräftiges Signal.

Kaffeemühle, Kaffeetasse und Kaffekanne, diese drei Marken wurden ins Zeichenregister eingetragen
Kaffeemühle, Kaffeetasse und Kaffekanne, diese drei Marken wurden ins Zeichenregister eingetragen.
Mit dem Inkrafttreten des Markenschutzgesetzes trat Franck mit weiteren Marken auf den Plan: einer Kaffeemühle, einer Kaffeekanne und einer Kaffeetasse. Diese drei Marken wurden 1876 ins Zeichenregister eingetragen. Als am meisten produktspezifisch erwies sich die Kaffeemühle, die bald zur Hauptmarke wurde. Zum markentechnischen Schutz durch die Kaffeemühle („Bester Caffeezusatz“) kam noch die Verwendung der Produktbezeichnung „Aecht Franck“ sowie die Unterschrift der Heinrich Franck Söhne. 1890 erhielt die Linzer Fabrik auch das Privileg zur Führung des Titels „k.k. privilegierte Kaffee Surrogat Fabrik“ mit dem kaiserlichen Adler im Siegel.

Ohne Werbung ging es nicht. Die Franck-Werbung zeigte um 1900 bereits eine beträchtliche Vielfalt. Es wurde in Ausstellungen, Tageszeitungen, Schaufenstern und mit Plakaten geworben. Neben der Sichtbarmachung der Produkte wurden die Zielgruppen angesprochen und vor allem auch die heimische Herkunft des Erzeugnisses betont. Auf den ersten Franck`schen Litfasssäulenplakaten sah man eine Schwarzwäldlerin mit Franck-Fabrikaten im Henkelkorb, und dazu den Slogan: „Aechter Franck ist und bleibt der Beste.“

Aecht Franck Reklamemarken.
Aecht Franck Reklamemarken.
Wichtig war nicht nur die Plakat- und Zeitungswerbung. Identität wurde nicht nur mit Wort und Bild, sondern auch mit Musik geschaffen. Man kreierte ein „Franck-Lied“

„Drum schlingt sich heut um unsre Reihn,
des Aechten schönes Band.
Lasst uns ihm freudig angehören!
Heil ihm, Hurrah! Heil ihm, Hurrah!
Im Aechten Franckgeist uns bewähren…“

und nach der Melodie von „Oh Tannenbaum“ ein eigenes Franck-Kaffeemühlenlied:

„Oh Kaffeemühl‘ ,oh Kaffeemühl‘,
wie lieb ist uns dein Zeichen!
Du gibst uns Mut und Lebenskraft
und machst, dass gern man für dich schafft…“

Für Kathreiner komponierte der Violinvirtuose Max Kaestl 1894 einen eigenen „Pfarrer Kneipp-Marsch“. Auch hier sollte mit dem Bild des populären Geistlichen und seiner Unterschrift, die auf jeder Packung aufschien, Vertrauen geweckt werden.

Die Geschäftspolitik von Franck war es, jeden Kaffeegeschmack zu bedienen und zufrieden zu stellen. Bis 1914 hatte Franck insgesamt 275 Kaffeesorten auf den österreichischen Markt gebracht, um damit den weiten und sehr heterogenen Raum der Monarchie und des Balkans zu bedienen. Jedem das Seine. Nach seinem Geschmack.
Während Franck stark diversifizierte und viele verschiedene Marken und Packungsgrößen herstellte, produzierte Kathreiner nur eine Marke, eben Kathreiner, und nur in zwei Packungsgrößen, ¼ und ½ kg. Im Ersten Weltkrieg konnte oder wollte man nicht viel mit klingenden Namen verbergen. Man brachte den Kaffee einfach als „Kriegskaffee“ auf den Markt. Als wieder normalere Zeiten Einzug hielten, brauchte man neue Konzepte. Der alte "Aecht Franck Cichorien-Kaffee" kam mit neuem Namen und neuer Aufmachung heraus. Um 1930 wurden bereits 90 Prozent aller im Handel befindlichen Kaffee-Ersatz- und Kaffee-Zusatz-Produkte als Markenware verkauft.

Der Name Mühlen-Franck sollte jeden Gedanken an die Zichorie und alle Erinnerungen an Not, Krieg verbannen.
Der Name "Mühlen-Franck" sollte jeden Gedanken an die Zichorie und alle Erinnerungen an Not, Krieg verbannen.
Als sich um die Jahrhundertwende ein neuer Markt, das Kornkaffeegeschäft entwickelte, wurde die Marke „Kornfranck“ geschaffen. Man wollte sich damit vom Kathreiner Malzkaffee abheben. Auch bei Zichorienkaffee wollte man mit dem neuen Namen "Mühlen-Franck" jeden Gedanken an die Zichorie und alle Erinnerungen an Not, Krieg und Zwangsernährung verbannen. Die neue Marke Perola sollte auf Perlroggen hinweisen und Natürlichkeit bezeugen. „Seit Jahrtausenden wird aus Roggen Brot gemacht, seit 15 Jahren wird aus Roggen auch Perola gemacht, unser guter Perlroggenkaffee“, texteten die Franck-Werber.

Im zweiten Weltkrieg hatte man gelernt. Man vermied Benennungen wie Kriegskaffee, Krika oder Soso wie im Ersten Weltkrieg, die Assoziationen an verschlechterte Qualitäten, billige Inhaltsstoffe oder Not erwecken hätten können. Man schuf die neue Marke „Linde’s Kaffeemittelmischung“ und die „Großküchenmischung“ für die Wehrmacht, die so erfolgreich waren, dass Linde’s, später einfach „Linde“, zur Hauptsorte auch in der Friedenszeit nach 1945 und im Wirtschaftsaufschwung der 1950er Jahre wurde.

Beworben wurden die Zichorien- und Malzkaffeeprodukte nicht nur als billiger Ersatz, sondern auch als die gesündere Alternative. Man lobte den Ersatzkaffee als Kaffee für die ganze Familie. Babys und Kinder, aber auch agil wirkende ältere und alte Menschen dienten als Referenz. Die Darstellung ländlicher Bevölkerungsgruppen unterstrich die Naturnähe und Kraft. Die Zielgruppe war die gute Hausfrau und sorgende Mutter, die Titze-Tante, die lachenden und Leben versprühenden Kathreiner-Familien oder die lesende Großmutter der Franck-Werbung.

Aus der Werbeserie Malzmeister Waldmann
Aus der Werbeserie Malzmeister Waldmann
Männer traten nur ausnahmsweise in Erscheinung, und wenn, dann weniger als Konsumenten, sondern als erfahrene Produzenten und Berater, etwa der Malzmeister Waldmann mit weißem Arbeitsmantel und Krawatte aus der Kathreiner Werbung oder als Zeitung lesender Familienerhalter in der Franck-Werbung. Arbeit stand im Vordergrund, wenn Männer als Konsumenten gezeigt wurden. Dann verströmten sie als Holzknechte oder Bauern Naturnähe, Kraft und Gesundheit, oder Bildung und Weltläufigkeit als Kaffee trinkende Zeitungsleser. Man versprach nicht billigen Genuss, sondern Glück und langes Leben.

Geworben wurde natürlich auch mit dem Faktum, dass der Ersatzkaffee deutlich billiger war als echter Kaffee, vor allem in der Not der Weltwirtschaftskrise. Langfristig war die Ersatzkaffeewerbung mit dieser Strategie anders als beim Ersatzprodukt Margarine nicht wirklich erfolgreich. Als eigenständiges Produkt wie die Margarine konnte sich der Kaffeeersatz nicht durchsetzen. Als der Bohnenkaffee bei steigendem Wohlstand in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts deutlich billiger wurde, verschwand der Ersatzkaffee nicht nur aus der Werbung, sondern auch aus den Regalen.

Texte und Bilder wie „Kathreiner: Meine Gesundheit. Mein Glück in der Kaffeeschale!“ oder: „Kathreiner-Kinder sind gesünder!“ und „Groß und stark mit Kathreiner“ versprachen bei aller Not rotwangige Backen und lachende Gesichter. Der Malzmeister Waldmann von Kathreiner riet: „In der unerreichten Qualität liegt die wahre Billigkeit.“ Und die Männer gaben zu: „Meine Frau hat recht: Kathreiner schmeckt wirklich fein!“

Kathreiner-Werbung
Kathreiner-Werbung
Ein zwischen 1925 und 1937 immer wieder affichiertes Kathreiner-Plakat zeigt einen Mann mit Schirmmütze und weißer Schürze auf einer Baustelle sitzend. Eine Frau mit rotem Dirndl und blauer Schürze schenkt ihm Kaffee ein. Dazu der Text: „Zur Arbeit und zu Hause, zum Frühstück und zur Jause Kathreiner das sparsame Kaffeegetränk.“

Man hatte keine Scheu vor langen Texten: „‘Meine Frau schwört auf den Kathreiner‘ erzählt der Fischer Toni Hinteregger ... Hunderttausende Frauen sagen dasselbe und verwenden Kathreiner den berühmten Kneipp Malzkaffee“, schrieb man 1936 auf ein Plakat. Oder: "‘Unsereiner braucht ein gesundes Herz und eine ruhige Hand‘ lacht der alte Förster Alois Franz. Weil er so gesund und bekömmlich ist, darum trinken heute Millionen Kathreiner den echten Kneipp Malzkaffee.“

1931, am Höhepunkt der Arbeitslosigkeit, warb man: „Dem Arbeiter ein kräftiges Frühstück, das gut schmeckt, nicht viel kostet: natürlich den echten Kneipp Malzkaffee.“ 1939 warb man so: „Kathreiner!? - Dazu bin ich zu verwöhnt. Ein merkwürdiges Vorurteil! Wo doch in Österreich heute mehr Kathreiner getrunken wird als Bohnenkaffee. Kathreiner ist eben ein Volksnahrungsmittel geworden. Sollte er vielleicht deshalb nicht ‚fein genug sein?‘ Da dürfte man auch kein Brot und keine Kartoffeln essen. Es kommt doch darauf an, dass Kathreiner gut schmeckt und kerngesund ist! Wer Kathreiner nicht versucht, nur weil ihn alle anderen trinken – ist der nicht zu bedauern?“

Und ebenfalls 1939: „Macht denn der Kathreiner nicht dick? Wo hat das Fräulein dies nur her? Vom Kathreiner ist noch keiner dick geworden. Die sich das einbilden, sollen darüber nachdenken, was sie sonst alles essen. Daran liegt es! Aber nicht am Kathreiner. Der macht frisch, lebensfroh – aber nicht dick. Vom Kathreiner steigt nicht Ihr Gewicht, aber Ihr Wohlbefinden, liebes Fräulein. Und darauf kommt es doch dann an! Nicht wahr?“ Da dachte man noch nicht an den Krieg.