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Franck in Linz

Geschichte eines Familienunternehmens

Autor: Roman Sandgruber

Das Franck-Erfolgsrezept

Was man für den unternehmerischen Erfolg braucht, ist nicht nur ein gutes Produkt. Dazu kommen die Lösung der Finanzierungsfrage, die Entwicklung einer Marketing- und Vertriebskonzeption, ein geeigneter Standort und vor allem auch eine längerfristige Überlebensstrategie.

Der Standort Vaihingen war als Startplatz nicht ungünstig, wurde aber rasch zu eng. Vaihingen liegt auf der Ostseite des Flusses Enz und wird vom Schloss Kaltenstein überragt. Es bezeichnet sich selbst als „Stadt zwischen Wiesen, Wald und Reben“. Während des Spanischen Erbfolgekrieges (1701–1714), des Siebenjährigen Krieges (1756–1763) und in den Koalitionskriegen (1792–1815) marschierten immer wieder Truppen durch die Stadt oder wurden hier einquartiert. 1784 vernichtete ein Stadtbrand 30 Häuser. Nach der großen Hungersnot von 1816/1817 begann auch in Vaihingen ein neuer wirtschaftlicher Aufschwung.

Im Zeitalter der Landstraße und der Pferdefuhrwerke war die Stadt an einer wichtigen Poststraße gut positioniert. Die Eisenbahn veränderte allerdings die Standortbedingungen grundlegend. 1853 wurde die Württembergische Westbahn Stuttgart–Bruchsal eröffnet. Der zu Vaihingen nächstgelegene Bahnhof „Vaihingen-Sersheim“ war jedoch drei Kilometer entfernt. Gerade in der Epoche der Industrialisierung wirkte sich der fehlende Bahnanschluss negativ aus. Es kam zur Abwanderung von Unternehmen und zu Bevölkerungsverlusten.

Für Franck, dessen Produktion transportintensiv war, wurde die Verkehrslage bald zum Problem. Die zu bewältigenden Frachten stiegen steil an: 1842 wurden 3.500 Zentner erzeugt, 1850 schon 7.000, und in diesem Wachstumstempo ging es weiter: 1855 15.000, 1865 47.000 und 1868 64.000 Zentner. Der Kundenkreis wuchs ständig: Abnehmer gab es in ganz Süddeutschland, in der Schweiz, in Österreich und in Italien. Das war nunmehr auch gewichtsmäßig so viel, dass man dringend einen direkt an der Eisenbahn gelegenen Standort brauchte.

Das Hauptwerk in Ludwigsburg
Das Hauptwerk in Ludwigsburg
Gleich nach dem Tode Johann Heinrich Francks wurde die Standortfrage in Angriff genommen. Die Stadt Ludwigsburg bot eine 3,3 Hektar große, unmittelbar westlich des Bahnhofs gelegene Fläche an. Franck kaufte sie um 15.000 Gulden. Es wurden 17 Fabriksgebäude errichtet. Im Lauf des Jänner 1869 konnten die neuen, nach einem wohldurchdachten Plan angelegten Räumlichkeiten bezogen werden. Dampfmaschinen mit insgesamt 150 PS lieferten die nötige Energie.

Finanziert wurde das Unternehmen vorerst ganz aus den eigenen Gewinnen, getragen von einem sparsamen Lebenswandel und dem Einsatz der gesamten Familie. Schon 1869 verfügte das nun als „Heinrich Franck Söhne“ firmierende Unternehmen über ein Geschäftskapital von 1.112.620 Gulden, das praktisch aus dem Nichts aufgebaut worden war. Für familiäre Kontinuität hatte Johann Heinrich Franck selber gesorgt. Er war zweimal verheiratet, zuerst mit Regina Jacobina Elbe (1801-1834), und nach deren frühem Tod im Kindbett mit Friederike Marquard (1812-1885). Aus den zwei Ehen stammten 16 Kinder. Sechs davon starben noch im Säuglingsalter. „Mögen die Erben der Früchte seines Fleißes auch die Erben seiner Tugenden sein“, hieß es im Nachruf auf Heinrich Franck im „Schwäbischen Merkur“ vom 15. November 1867. Franck war ein Marketing-Genie. Seinen Kaffee nannte er auf gut Schwäbisch „Aecht Franck“, zum Markenzeichen, einem der ersten in der Lebensmittelindustrie, wählte er die Vaihinger Löwen und die Kaffeemühle. Der Erfolg gab ihm recht. Schon 1867 dominierte das Unternehmen den süddeutschen Markt. Und Francks Erben machten aus dem schwäbischen Unternehmen einen Weltkonzern.

Reklamemarken Aecht Franck
Reklamemarken mit der Kaffeemühle
Das Erfolgsrezept ist in der 1880 begonnenen Linzer Firmenchronik festgehalten: „Dass man gründlich überlegte, ehe man handelte; dass man rechnete, frühe aufstand und stets der Letzt-Controllierende war, vor keiner Art Arbeit sich scheute und der geistigen wie practischen Leitung des Geschäfts alle Sorgfalt widmete, wohl wissend, dass nur dann und nur dann das Gelingen eines Geschäfts auf Dauer möglich ist, wenn eben der Mann ganz Mann der Pflicht ist und bleibt und wenn er jeden Dilettantismus aus seinem Bereiche, seinem Hause, seiner Familie als etwas Unwürdiges, weil gewöhnlich Unreelles und sich bald Überlebendes ausschließt.“[4] [Aus der Geschichte der Firma Franck und Kathreiner Gesellschaft m. b. H. 1879-1954. Linz 1954. 63 S. ]

Den Söhnen und allen weiteren Nachfolgern wurde eingeschärft: Man vergesse nie einen Dank nach Oben, strebe immer danach, sich in allen Dingen selbst treu zu sein und versuche nie, anderen Pflichten zuzumuten, die man selber nicht erfüllen kann. Nur so sei es möglich, aus der nie versiegenden Quelle allen irdischen Glücks, der Arbeit, zeitlebens zu schöpfen und das höchste und einzige Gut des Lebens, die innere Zufriedenheit daraus zu genießen und damit den Segen und das Danken für die Arbeit zu empfinden.“ Diesen Auftrag ihres Vaters setzten die Söhne Wilhelm, Gustav und Hermann Franck 1880 an den Anfang ihres Linzer Engagements.[5] [ Aus der Geschichte der Firma Franck und Kathreiner Gesellschaft m. b. H. 1879-1954. Linz 1954. 63 S. ]

Hermann, Wilhelm und Gustav Franck kauften die leerstehenden Hallen der Waggon-Fabrik in Linz
Heinrich Francks Söhne Hermann, Wilhelm und Gustav Franck (v. l. n. r.).


[4] Aus der Geschichte der Firma Franck und Kathreiner Gesellschaft m. b. H. 1879-1954. Linz 1954. 63 S.
[5] Aus der Geschichte der Firma Franck und Kathreiner Gesellschaft m. b. H. 1879-1954. Linz 1954. 63 S.