logo

Franck in Linz

Geschichte eines Familienunternehmens

Autor: Roman Sandgruber

Ein Linzer Ausweg: die Laevosan

Ein Weg für Franck, in neue Geschäftsfelder einzusteigen, waren einerseits Fertig- und Convenience-Produkte am Lebensmittelsektor, ein anderer medizinische und pharmazeutische Erzeugnisse. Die Linzer Laevosan GmbH war 1947 (30.12.1947) von Gustav Heinrich Franck zusammen mit dem Lebensmittelchemiker Dr. Wilhelm Freudl (1907-1969), der ab dem Jahr 1934 für die Zichorienzüchtung bei Franck zuständig gewesen war, gegründet worden. Die Basis der Firmengründung war die Herstellung von Laevulose (Fruchtzucker) aus getrockneten Zichorienschnitzeln und deren medizinische Anwendung.

Die Laevosan-Firmengründer Gustav Heinrich Franck und Dr. Wilfried Freudl.
Die Laevosan-Firmengründer Gustav Heinrich Franck und Dr. Wilfried Freudl.
Die Laevulose, eine etwas veraltete Bezeichnung für Fructose, war in den 1920er Jahren von dem Ehepaar Carl Ferdinand und Gerty Cori, das für die Entdeckung des Verlaufs des katalytischen Glykogen-Stoffwechsels (Cori-Zyklus) 1947 den Nobelpreis erhalten hatte, eingehend erforscht worden. Fructose kommt in der Natur vor allem in Obst, Äpfeln, Beeren und exotischen Früchten vor, in Zuckerrüben oder Zuckerrohr hingegen nur in gebundener Form. Die Gewinnung aus der Zichorie, dem Traditionsrohstoff von Franck, basierte auf einem von Dr. Wilhelm Freudl entwickelten kostengünstigen Produktionsverfahren, das den breiten Einsatz in der Infusionstherapie und als diätisches Lebensmittel ermöglichte.

Zwei Jahrzehnte lang wurde Laevulose aus Zichorie gewonnen. Der Produktionsbeginn erfolgte 1947 in Räumlichkeiten der Franckfabrik. 1964 wurde der Grundstein für einen Unternehmensneubau an einem neuen Standort im Linzer Industriegelände (Estermannstr. 17) gelegt. Die Übersiedlung im Jahr 1966 fiel mit der Ausrichtung auf ein neues Ausgangsprodukt zusammen. Ab 1970 wurde die Zichorie durch Saccharose aus Zuckerrüben als Ausgangsrohstoff ersetzt. Die enge Verbindung mit der Franckfabrik, auf deren Betriebsgelände sie ursprünglich angesiedelt war, fiel damit weg. Mit einem Umsatz von 200 Mio. Schilling war das innovative Unternehmen hinter den Österreichischen Stickstoffwerken zum zweitgrößten Heilmittelerzeuger in Linz aufgerückt. Erzeugt wurden Blutersatzlösungen, Elektrolytkonzentrate, Diätfruchtzucker, Laevostrophan für die Herztherapie, Lactulose (halbsynthetischer Zucker) und zahlreiche andere Produkte.

Laevulose-Produktion
Die Laevulose-Produktion.
1949 hatte man 59 Beschäftigte, 1986 bereits 295. Wichtige Meilensteine waren zum Beispiel die Lactulose-Produktion in industriellem Ausmaß ab 1972 oder die Herstellung von Hydroxylethylstärke aus Wachsmaisstärke nach einem von Laevosan international patentierten Verfahren ab 1979. Kein Geringerer als Curt Engelhorn, der Hauptgeschäftsführer von Boehringer Mannheim, lobte Gustav Franck als weitsichtigen Unternehmer: „Durch die Unterstützung in finanzieller wie in kaufmännischer Hinsicht eines Wissenschaftlers und eines Erfinders hat er in über 20 Jahren ein Werk aufgebaut, die Laevosan-Gesellschaft in Linz, die sich überall in der Welt sehen lassen kann und sich einen großen Ruf erworben hat.“

Die Schwerpunkte der Laevosan in der Infusionstherapie und vor allem die von Laevosan entwickelten Verfahren von Hydroxylethylstärke gaben den Ausschlag, dass das Unternehmen 1997 von der Fresenius AG, Bad Homburg, erworben wurde.

Qualitätskontrolle bei der Ampullen-Produktion
Qualitätskontrolle bei der Ampullen-Produktion.
Kurz darauf wurde es mit der ebenfalls zu Fresenius gehörigen Leopold Pharma GmbH Graz fusioniert, um sich gemeinsam mit dem Grazer Standort unter dem Namen Fresenius Kabi Austria GmbH als eines der größten in Österreich produzierenden Pharmaunternehmen international besser positionieren zu können.[51] [Lit.: Dr. Wilfried Freudl und Gustav Franck zum Gedenken, Linz 1970; Ein Unternehmen erzählt, hg. v. d. Laevosan-Gesellschaft Linz, Linz 1972; http://www.althofen.at/AvW_Museum/Geschichte_der_Chemie/History%20Fresenius%20kabi%20austria.pdf. ]

[51] Lit.: Dr. Wilfried Freudl und Gustav Franck zum Gedenken, Linz 1970; Ein Unternehmen erzählt, hg. v. d. Laevosan-Gesellschaft Linz, Linz 1972; http://www.althofen.at/AvW_Museum/Geschichte_der_Chemie/History%20Fresenius%20kabi%20austria.pdf.