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Franck in Linz

Geschichte eines Familienunternehmens

Autor: Roman Sandgruber

Franck Reichtum vor und nach dem Krieg

Nie in der jüngeren Geschichte Österreichs war die Vermögens- und Einkommensverteilung so ungleich wie in den letzten Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg. Das oberste Zehntelpromille der Wiener Bevölkerung verdiente im Jahr 1910 etwa 6,4 Prozent aller Einkommen, das oberste Promille 11,9 Prozent, das oberste eine Prozent mehr als ein Viertel und die obersten 10 Prozent mehr als die Hälfte aller Einkommen. In Oberösterreich und in Linz war die Einkommensverteilung zwar weniger ungleich als in der Reichshauptstadt. Aber auch hier gab es Millionäre.

Carl Franck, um 1910 Carl Franck, um 1910.
Sieben Linzer versteuerten im Jahr 1910 ein Jahreseinkommen, das höher als 100.000 Kronen war. Man muss davon ausgehen, dass Carl Heinrich Franck und Walter Franck zu diesen sieben Linzer Einkommensmillionären gehörten. Die Franck waren so wie viele bedeutende österreichische Industrielle, Handelsleute und Bankiers evangelisch. Sie gehörten also zu jenen Pionieren, die den Kapitalismus ins katholische Österreich brachten. Viele der Vorkriegsmillionäre verloren durch den Ersten Weltkrieg und die darauf folgende Hyperinflation ihr Vermögen und ihre Einkommensbasis.

Carl Franck hinterließ 1926 ein beträchtliches Realitäten-Vermögen, das er gut über die Hyperinflation hinweg gerettet hatte: die Villa, das Gasthaus zum schiefen Apfelbaum und eine ganze Reihe von Bauernhöfen, meist Vierkanthöfe im unmittelbaren Linzer Umland, das später eingemeindet wurde, das Hochstraßergut in St. Peter, das Tharngütl in Berg/Kleinmünchen, das Hamadergut in Berg/Kleinmünchen, das Scharlinzerlehren/Kleinmünchen, das Steindlhaus in Scharlinz/Kleinmünchen, das Jagelwiesergut in Leonding und die Dorrau/ KG Posch/St. Florian.

Im Testament von 1917 war der Besitzkomplex, welcher aus den Gründen des Helenenheimes, Hummelhofes, Zehetnerhofes, Spallerhofes mit Steindlhaus, Hametnerhof und Vorholzerhaus bestand, zu Vorkriegspreisen mit 150.000 Kronen bewertet worden, die zur Villa gehörigen Grundstücke pro Quadratklafter mit vier Kronen, die Gründe des Hummelhofes, Zehetnerhofes und des Vorholzerhauses je 3.000 Kronen für jedes Katastraljoch, für die Gründe des Spallerhofes und Hametnerhofes je 25.000 Kronen für das Katastraljoch; der Erwerber sollte nach Wunsch der Erblasser die Grundstücke landwirtschaftlich nutzen. Bei Verkauf war den übrigen Erben der Mehrwert zu erstatten. Die übrigen Besitzungen (Stadlergut, Hochstrassergut, Jaglwiesergut, Darrgut und sonstige Gründe) sollten gemeinsames Eigentum der Erben bleiben. Nach Wunsch, aber nicht bindender Anordnung der Erblasser durften sie in den nächsten 20 Jahren nicht verkauft werden. Dieses Testament vom 8. Oktober 1917 wurde am 29. Dezember 1923 leicht modifiziert, insbesondere was die Geldbeträge betraf, die angesichts der damals herrschenden Geldentwertung nicht mehr erwähnt sind.[31] [OÖLA, Verlassenschaft Carl Franck, BG/LG Linz, VA 1926, Zl 788/26. ]

1926 wurde die Villa, zu der 1,53 ha Grundbesitz gehörten (0,83 ha Acker, 0,7 ha Garten, 0,05 ha Baufläche), mit insgesamt 80.000 öS angesetzt, der Wert der sonstigen Realitäten im Süden von Linz mit etwa 230.000 Schilling.

Der umfangreiche Realitätenbesitz bestand in acht Bauernhäusern mit etwa 130 ha zugehörigen Grundstücken:
In Schillingha
Gasthof Schiefer Apfelbaum12.0000,32 ha
Steindlhaus10.84010,22
Scharlinzerlehen1.1801,03
Thanngütl24.12026,66
Hamadergut28.71026,61
Stadlergut32.30023,32
Hochstrassergut18.98015,69
Jaglwiesergut21.96020,85
Darr-Au1.1002,98
Gesamtwert231.190127,68

Der Aktienbesitz war breit gestreut. Es waren Wertpapiere im Kurswert von 216.000 Schilling vorhanden und die bei der Interfranck in Zürich hinterlegten Unternehmensanteile in Höhe von 1,4 Millionen Schilling. Dazu kamen noch Kontokorrentguthaben in Linz, Schaffhausen und Zürich in Höhe von 635.000 Schilling. Das Auto wurde mit 10.000 öS bewertet, die Kleidung mit 2.300.-, der Schmuck und das Silber mit 12.500.-, die Lebensmittelvorräte mit 250.-, der Wein mit 700.-, das Brennmaterial mit 500.-, die Hauseinrichtung mit 30.000.-

Den Großteil des Vermögens machten die Unternehmensanteile und Aktien mit über 2 Millionen Schilling aus. Das ganze hinterlassene Vermögen ergab nach Abzug der Arztkosten von 5.735.- ein gemeinschaftliches Vermögen der beiden Ehegatten von 2.896.899,40 Schilling, wovon die Hälfte, die auf Carl Franck entfiel, 1.448.449,70 Schilling ausmachte. Die Begräbniskosten wurden mit insgesamt etwa 8.000 Schilling angegeben, u.a. dem Kapellmeister 65.-, der Sängerriege 120.-, der Fabrikfeuerwehr 215.- und für Trauerdruck und Todesanzeigen 301,9 Schilling.

Die Franck-Villa in Murrhardt Die Franck-Villa in Murrhardt.
In das eidesstattliche Vermögensbekenntnis wurden alle nach der Verehelichung des Erblassers mit seiner Witwe erworbenen und am Todestage noch vorhandenen Vermögenswerte eingesetzt. Die Hälfte davon ging in den Nachlass. Dazu kam noch das Sondervermögen des Erblassers. In Abzug zu bringen war die Heiratsgutforderung der Witwe in Höhe von 50.000 Mark. Als Erben waren die Kinder: Margarethe Heuss, Hauptmannswitwe in Ludwigsburg, Helene von Kapf, Bankierswitwe in Stuttgart, Johann Heinrich Franck, Fabrikant in Linz, Else von Sick, Gutsbesitzersgattin in Linz, Erika Otto, Fabrikantengattin in Reichenbach an der Fils, Paula Kuhlmann, Ingenieursgattin in Linz, Gustav Heinrich Franck, Fabrikant in Linz eingesetzt. Der Pflichtteil der sieben Kinder wurde mit je 95.326,69 Schilling ermittelt, der reine gebührenpflichtige Nachlass mit 1.779.431,54 Schilling.[32] [ OÖLA, Verlassenschaft Carl Franck, BG/LG Linz, VA 1926, Zl 788/26 ]

Auch die Wiener Kathreiner-Gesellschafter, die Familien Hauser, Mayer und Scherer, versteuerten im Jahr 1910 jeweils Jahreseinkommen von mehr als 100.000 Kronen, Franz X. Mayer 394.354 Kronen und Rudolf Scherer 117.059 Kronen. Auch die Mitglieder der Familien Sobotka und Hauser befanden sich 1910 im Club der Wiener Millionäre und spielten im Wien der Ersten Republik eine überragende gesellschaftliche und wirtschaftliche Rolle.

Dr. Robert Franck Dr. Robert Franck
Dasselbe galt für die Franck in Deutschland. Vor dem Ersten Weltkrieg schätzte Rudolf Martin das Vermögen von Robert Franck auf 6 Mio. Mark und sein Jahreseinkommen auf 450.000 Mark, jenes von Ida Franck, der Witwe des Geheimen Kommerzienrats Hermann Heinrich Franck ebenfalls auf 6 Mio. Mark bzw. 420.000 Mark. Robert Franck war um die Jahrhundertwende einer der wohlhabendsten Männer Deutschlands. Die Villa hat damals 300.000 Goldmark gekostet, das wären heute rund 15 Millionen Euro.

Robert Franck hatte das weitläufige Areal, das Anwesen Hohenstein, im Jahr 1897 erworben und zusammen mit der Villa auch den Park anlegen lassen, der heute für jedermann jederzeit frei zugänglich ist. Das Anwesen dürfte viele Murrhardter vor gut 100 Jahren in Staunen versetzt haben. Franck hatte eine monumentale, zur Villa hinführende Freitreppe in Auftrag gegeben, eine Wandelhalle, einen Pavillon, ein romantisches Liebestempelchen, eine Brunnenterrasse, einen Tennisplatz, eine Schauruine sowie kleine Brücken und manches mehr. Die Villa Franck, erbaut 1904 bis 1907 durch die Architekten Paul Schmohl und Georg Staehelin, umgeben von einem 7 ha großen Park der Kunstgärtner Albert Lilienfein Vater & Sohn, ist eine der schönsten und besterhaltenen Jugendstilvillen Deutschlands.[33] [Boelcke, Willi A., Millionäre in Württemberg. Herkunft - Aufstieg – Traditionen. Mit dem Faksimile-Abdruck des Jahrbuchs des Vermögens und Einkommens der Millionäre in Württemberg mit Hohenzollern / von Rudolf Martin, (Berlin 1914) Stuttgart 1997, 304 S. 6 ]

Die deutschen Kathreiner-Eigentümer Kommerzienrat Emil Wilhelm (1913: 4 Mio. Mark Vermögen, Jahreseinkommen 400.000 Mark) und Kommerzienrat Adolf Brougier (3 Mio. Mark Vermögen, 240.000 Mark Einkommen), die sich im Jahr 1876 zur Firma Franz Kathreiners Nachfolger assoziiert hatten, gehörten zu den vermögendsten Familien Bayerns vor dem Ersten Weltkrieg.[34] [Martin, Rudolf, Jahrbuch des Vermögens und Einkommens der Millionäre in Bayern, Berlin 1914, Nachdruck, Braunschweig, Archiv-Verl., 1992. ]

[31] OÖLA, Verlassenschaft Carl Franck, BG/LG Linz, VA 1926, Zl 788/26.
[32] OÖLA, Verlassenschaft Carl Franck, BG/LG Linz, VA 1926, Zl 788/26
[33] Boelcke, Willi A., Millionäre in Württemberg. Herkunft - Aufstieg – Traditionen. Mit dem Faksimile-Abdruck des Jahrbuchs des Vermögens und Einkommens der Millionäre in Württemberg mit Hohenzollern / von Rudolf Martin, (Berlin 1914) Stuttgart 1997, 304 S.
[34] Martin, Rudolf, Jahrbuch des Vermögens und Einkommens der Millionäre in Bayern, Berlin 1914, Nachdruck, Braunschweig, Archiv-Verl., 1992.