logo

Franck in Linz

Geschichte eines Familienunternehmens

Autor: Roman Sandgruber

Die Habsburgermonarchie wird erobert

Franck-Fabrik im böhmischen Komotau
Franck-Fabrik im böhmischen Komotau, um 1900.
Von Linz aus wurde ein Netz von Franck-Standorten über die Habsburgermonarchie und ganz Osteuropa ausgebreitet: als erstes 1883 im böhmischen Komotau/ Chomutov, 1888 dann in der rumänischen Hauptstadt Bukarest und im slowakischen, damals ungarischen Kaschau/Košice, 1892 im kroatischen Agram/ Zagreb, 1896 in Pardubitz/ Pardubice, 1909 in Nagykanisza (dt. Großkirchen oder Groß-Kanizsa) südlich des Balatons, 1910 in Skawina (deutsch Konradshof) nahe Krakau, damals Galizien, heute Polen, 1911 in Mosonszentjános / heute nach Jánossomorja eingemeindet, ca. 5 km östlich von Andau. Dazu kamen noch Darren in Branowitz/ Vranovice (Mähren), Sered/ Sereď (Slowakei), Bjelovar (Kroatien) und Inowrocław bei Lublin/ Polen. Es war ein wohldurchdachtes Netz, um alle nationalen Stimmungen und Standorte in der Habsburgermonarchie und im ostmitteleuropäischen Raum möglichst abdecken und befriedigen zu können.

Franck-Fabrik in Pardubitz
Franck-Fabrik im böhmischen Pardubitz.
Komotau war die erste Gründung, die von Linz aus erfolgte, in einer ehemaligen Mühle und in den Räumen einer aufgelassenen Strohmassefabrik. Durch ständige Erweiterung und Modernisierung entstand ein gut geführtes Unternehmen, das 200 Arbeiter und 40 betriebseigene Beamte beschäftigte. Die "Zichorie" gehörte zu Komotau. Wenn das Wetter drückend war, roch man dem Komotauer Jahrbuch zufolge die Zichorienfabrik im ganzen Stadtviertel.[10] [Komotauer Jahrbuch, Folge 3; http://www.komotau.de/franck_zichorie.htm. ]

Die Habsburgermonarchie war multinational. Die Gesellschafter zeichneten daher in den Sprachen der Monarchie, nicht nur als „Heinrich Franck Söhne“, sondern auch als „Henryka Francka synowie“ (polnisch), „Henrik Francka sinovi“ (slowenisch), „Enrico Franck Figli“ (italienisch), „Jindřicha Francka synové“ (tschechisch), „Franck Henrik Fiai“ (ungarisch) und „Hinka Francka sinovi“ (kroatisch).

Franck-Fabriken Komotau und Pardubitz, um 1910
Fabriken in Komotau und Pardubitz, um 1910
Da das Produkt „Ersatzkaffee“ sich vor allem an ärmere Leute richtete, mussten Etiketten in den vielen Sprachen der Monarchie gedruckt werden, neben Deutsch auch auf Tschechisch, Kroatisch, Italienisch, Rumänisch, Serbisch, Slowenisch, Slowakisch, Ungarisch, Polnisch, Ruthenisch, aber auch auf Hebräisch bzw. Jiddisch, obwohl das keine offizielle Sprache in der Monarchie war. Weil man exportieren wollte, gab es auch englische, französische und holländische Aufschriften und Werbematerialien. Abgepackt wurde in vielen Größen, von 1/16 bis ½ Kilogramm.

Für die Standortentscheidungen in den einzelnen Gebieten der Monarchie gab es unterschiedlichste Überlegungen, etwa für die Errichtung des Zweigwerks im slowakischen Kaschau/Kosice. Da waren es die Bestrebungen Ungarns, die Industrieansiedlung auf seinem Territorium zu fördern. Die Slowakei erwies sich für den Zichorienanbau günstig. Auch in Kroatien wollte man der ungarischen Konkurrenz mit einem eigenen Zweigwerk zuvorkommen, ebenso in Galizien der russischen. Um die Jahrhundertwende wurden etwa 3.000 t Kaffeemittel im Jahr erzeugt.

Etiketten und Werbetafeln wurden in den vielen Sprachen gedruckt, im Bild oben Ungarisch, Hebräisch und Tschechisch.
Etiketten und Werbetafeln wurden in den vielen Sprachen gedruckt, z.B. auf Ungarisch, Hebräisch und Tschechisch.

Mit den neun Filialen im Gebiet der Monarchie, davon vier nach 1900, beherrschte man den Ersatzkaffeemarkt der Habsburgermonarchie nahezu total. Vor dem Ersten Weltkrieg lag die Unternehmensleitung fast ganz in den Händen der dritten Generation, der Enkel von Johann Heinrich Franck. Von den Söhnen Johann Heinrich Francks war nur mehr der Jüngste, nämlich Carl, aktiv, als Leiter der Linzer Fabrik und aller in Österreich-Ungarn und Rumänien gelegenen Werke. Er wurde von Walter Franck, dem jüngsten Sohn von Hermann Franck unterstützt, seit 1904 auch als Teilhaber.

Franck in der Habsburgermonarchie; Quelle Lackner Stadler, Fabriken in der Stadt, 336.
Franck in der Habsburgermonarchie; Quelle Lackner Stadler, Fabriken in der Stadt, 336.

In der Zentrale in Ludwigsburg arbeiteten seit 1885 Kommerzienrat Robert Franck, der Sohn Wilhelms, und seit 1901 auch Richard, der älteste Sohn Hermanns, als Teilhaber. Die Beteiligungsverhältnisse bei der Linzer Zweigniederlassung stellten sich mit 1. Juli 1914 folgendermaßen dar (in Kronen): Jeder der vier Gesellschafter, Carl und Walter Franck in Linz und Robert und Richard Franck in Ludwigsburg war mit einem Viertel an dem Gesellschaftskapital von 3,8 Millionen Kronen beteiligt. Das Unternehmen beschäftigte in Linz etwa 400 bis 500 Personen, in Ludwigsburg ca. 800, in allen Filialfabriken zusammen ca. 4.500. Die Jahresproduktion betrug insgesamt ca. 800.000 Doppelzentner.

[10] Komotauer Jahrbuch, Folge 3; www.komotau.de/franck_zichorie.htm.