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Franck in Linz

Geschichte eines Familienunternehmens

Autor: Roman Sandgruber

Aecht Franck: ein schwäbischer Unternehmer

Mutter Franck, Johann Heinrich Franck
Mutter Franck, Johann Heinrich Franck
Johann Heinrich Franck, der am 2. Februar 1792 im Württembergischen Urach geboren wurde, hat die Kontinentalsperre am eigenen Leib erlebt. Er hat wohl auch die schreckliche Hungersnot mitgemacht, die ganz Europa und vor allem auch Württemberg in den Jahren 1816/17 heimsuchte. Sie war nicht nur Folge der zwischen 1789 und 1814 fast ununterbrochen in Europa tobenden Kriege. Sie war auch Folge einer kurzzeitigen, aber weltweiten Wetterkapriole und Klimakatastrophe, die durch den Ausbruch des Vulkans Tambora in Indonesien ausgelöst worden war. Die gewaltigen in die Atmosphäre geschleuderten Staubmassen reduzierten die Sonneneinstrahlung und führten zu einem „Jahr ohne Sommer“.

Johann Heinrich Franck war der Sohn eines Färbers. Die Existenz der Familie, deren Stammbaum bis ins 16. Jahrhundert als Bierbrauer, Kaufleute und Schwarz- und Schönfärber zurückverfolgt werden kann, war durch plündernde französische Revolutionstruppen vernichtet worden. Francks Kindheit war entbehrungsreich. 1804, also mit dreizehn Jahren, begann er eine Kaufmanns- und Konditorlehre bei seinem Onkel in Vaihingen an der Enz. Kaum hatte er ausgelernt, wurde er zum Militär eingezogen. Er kam gerade noch zurecht, um 1813 in der Völkerschlacht bei Leipzig mitzukämpfen, der größten Schlacht, die bis zum Ersten Weltkrieg stattgefunden hatte, war dann in Frankreich stationiert und kam viel herum. Sieben Jahre blieb er beim Militär. 1820 war er aus dem Militärdienst ausgeschieden, mit lobender Anerkennung zwar, aber ohne viel Geld. Er besaß weder Kapital noch entsprechende Verbindungen. Beim Militär hatte er es bis zum Wachtmeister gebracht.

das Stammhaus in Vahihingen
Stammhaus in Vahihingen
Menschenführung und Organisation hatte er dabei sicher gelernt. 1820 kehrte er nach Vaihingen zurück und übernahm das Geschäft seines Vaters, die Leinenbleicherei samt Leinwandhandel. Ein zusätzliches Standbein bot ihm das Amt eines Salzfaktors, das er wahrscheinlich seinen militärischen Verdiensten verdankte. Geschäftstüchtig war er. Als einmal nach einem guten Weinjahr gleich ein zweites gutes folgte und die Weinpreise tief nach unten sackten, „mietete sich der Vater“, so berichtet seine Tochter Amalie, verheiratete Ott, „einen großen Herrschaftskeller und kaufte fast wertlosen Wein auf, wohl wissend, dass nach einem Jahr die Keller leer getrunken und selten drei Jahre nacheinander auf guten Herbst zu rechnen sei.“ Franck machte ein glänzendes Geschäft. Er probierte manches. Er nahm verschiedenste neue Produkte ins Sortiment des ererbten Leinwandgeschäfts: nicht nur den Salz- und Weinhandel, sondern auch ein Geschäft mit Spezerei- und Kolonialwaren und die erlernte Konditorei, und er trug sich auch mit dem Gedanken, eine Bierbrauerei zu gründen. Schließlich wurde es etwas ganz anderes: die Kaffeeerzeugung.[2] [ Pfisterer, A. v., Huber, J. C., Geschichte der Familie Franck und der Firma Heinrich Franck Söhne, Ludwigsburg 1911. (Franck-Buch); Boelcke, Willi A., Aecht Franck, Ludwigsburg. Die Schwäbische Kaffeemittel-Dynastie, in: ders. (Hg.), Wege zum Erfolg. Südwestdeutsche Unternehmerfamilien, Leinfelden-Echterdingen 1996, 84-99. ]

Er begann sich schon während seiner Militärzeit für die Zichorie zu interessieren. Seit damals hütete er eine Aufzeichnung für die Herstellung von dickem Zichorienmehl wie ein Kleinod. Auf seinem „Bleichacker“ vor Vaihingen begann er versuchsweise mit dem Anbau von Zichorien. Die geernteten Wurzeln wurden getrocknet. Jede Woche fuhren einige Vaihinger Fuhrleute nach Heilbronn, Zichorien hin- und Salz heimbringend. 1827 notierte Franck in sein Notizbüchl: „Erster Versuch der Fabrikation von Cichorienkaffee“. Er hatte wohl unzählige Versuche gemacht. Auf das richtige Mischungsverhältnis kam es an.

Seemühle bei Vahihingen
Seemühle bei Vahihingen
1828 wurde die neue Kaffee-Fabrik ins Vaihinger Gewerbe- und Handelsregister eingetragen. Drei Männer waren beim Rösten und Mahlen beschäftigt, zehn Mädchen beim Verpacken. Der Göpel der Mühle wurde von einem blinden Schimmel angetrieben. Im April 1832 beantragte Franck beim Oberamt Vaihingen „die gnädige Erteilung einer Conzession zum ungehinderten Betriebe meiner hier begonnenen Cichorienkaffeefabrik.“ Es sei ihm nach vielen Anstrengungen und mit nicht unbedeutendem Aufwand gelungen, das Fabrikat in einen solchen Zustand zu bringen, „dass solches die Concurrenz des ausländischen Cichorienkaffees aushält“. Gemeint war damit wohl das Lahrer Produkt aus dem benachbarten Baden. Zwei Zichorien-Darren wurden errichtet. Noch im gleichen Jahr 1832 erwarb Franck die Seemühle außerhalb Vaihingens, um die Wasserkraft für den Mahlvorgang nutzen zu können. Einem Geschäftsfreund schrieb er 1832 den später berühmt gewordenen Satz: „Ich werde Sie stets gut und redlich bedienen.“ Er wurde zum Leitsatz der Franck’schen Marketing-Politik.[3] [Pfisterer / Huber, Franck-Buch, 77 ff. ]

Das Geschäft ging so gut, dass er in Vaihingen in rascher Folge zahlreiche Grundstücke und Häuser kaufen konnte. 1844 kam eine Darre in Großgartach dazu, wo der Boden für den Anbau von Zichorien besser geeignet war, 1850/51 wurde das Werk im Rieter Tal erbaut, 1854 eine Darre in Meimsheim und beginnend mit 1865 eine Produktion in Bretten, Eppingen und Marbach.
Als Johann Heinrich Franck am 11. September 1867 verstarb, hinterließ er ein wohlbestalltes Haus. Das Unternehmen war auf etwa 200 Beschäftigte angewachsen. In Vaihingen, das damals etwa 3000 Einwohner zählte, besaß man 64 Gebäude. Täglich wurden mehrere schwere Fuhrwägen ausgeliefert. Aber Vaihingen war schon zu eng geworden. „In Vaihingen ist kein Weiterkommen“, hieß es.

[2]  Pfisterer, A. v., Huber, J. C., Geschichte der Familie Franck und der Firma Heinrich Franck Söhne, Ludwigsburg 1911. (Franck-Buch); Boelcke, Willi A., Aecht Franck, Ludwigsburg. Die Schwäbische Kaffeemittel-Dynastie, in: ders. (Hg.), Wege zum Erfolg. Südwestdeutsche Unternehmerfamilien, Leinfelden-Echterdingen 1996, 84-99.
[3] Pfisterer / Huber, Franck-Buch, 77 ff.