logo

Franck in Linz

Geschichte eines Familienunternehmens

Autor: Roman Sandgruber

Das Wirtschaftswunder und die Krise der Kaffeemittelindustrie

Im Jahr 1937 machten die INGA-Firmen mit Kaffeemitteln aus Zichorien, Gerste und Feigen einen Gesamtumsatz von etwa 150.000 Tonnen, das heißt etwa 15.000 Eisenbahnwaggons. Nach 1945 verloren die INGA-Firmen in Osteuropa und der DDR 22 Fabriken und Darren mit rund 4.000 Mitarbeitern und einem Gesamtumsatz von 40.000 Tonnen.

Aber noch viel stärker traf die INGA-Firmen der steigende Wohlstand in Westeuropa. Mit dem „Wirtschaftswunder“ der 1950er Jahre ging der Konsum von Surrogaten rasch zurück. Der Kaffeemarkt änderte sich. Der Kaffeemittelkonsum sank gegenüber dem Bohnenkaffeeverbrauch und dem sonstigen Getränkekonsum. Um 1960 bestand nur noch ein Drittel des in Mitteleuropa konsumierten Kaffees aus Surrogaten. Die gesamte bisherige Geschäftsbasis von Franck & Kathreiner drohte wegzubrechen. Der Bohnenkaffee, mit dem das ganze Kaffeegeschäft begonnen hatte, eroberte sich seinen Platz zurück. Der Konsum von Bohnenkaffee schnellte auch in Österreich in die Höhe, von knapp mehr als einem kg pro Kopf und Jahr auf 8 bis 12 kg.

Caro-Instantkaffee
Caro-Instantkaffee.

Franck musste reagieren. Zuerst betonte man mit den Marken „Mokka-Franck“ (1946), Mokka-Linde (1946), „Franck zum Kaffee“ (1948), „Melanda“ (1952) den Kaffeegehalt seiner Produkte und brachte mit der Instant-Marke „Caro“ ein eigenes Bohnenkaffeeprodukt heraus. Seit 1954 war Caro auf dem Markt und wurde sehr erfolgreich angenommen. Ein völlig neuer Weg wurde mit den Thomy-Produkten beschritten.

1955 lag Franck & Kathreiner mit 305 Beschäftigten an 13. Stelle unter den Linzer Industriebetrieben. 1938 war man mit 215 Beschäftigten noch an fünfter Stelle gelegen. Allerdings waren mit der VOEST und den Österreichischen Stickstoffwerken zwei Beschäftigungsgiganten dazu gekommen. Bis 1964 war Franck & Kathreiner mit 431 Beschäftigten auf den 10. Platz aufgerückt. Wenn man allerdings auch Titze und die aus einer Franck-Gründung hervorgegangene Laevosan dazurechnet, war Franck hinter VOEST und Stickstoff (Chemie Linz) immer noch der drittgrößte Linzer industrielle Arbeitgeber.

Der Marktanteil von Franck am österreichischen Kaffeemittelmarkt war dominierend. 1972 hatte Franck mit "Linde"-Kaffeemittel, "Titze"-Kaffeemittel, "Titze Gold"-Feigenkaffee, "Kathreiner"-Malzkaffee, "Franck"-Würze, "Franck"-Aroma und "Melanda" einen Marktanteil von 79,5 Prozent. Auf den größten Konkurrenten mit den Marken "Korona"-Kaffeemittel und "Imperial"-Feigenkaffee entfielen 19,6 Prozent. Nur 0,9 Prozent entfielen auf andere österreichische Unternehmen.
Doch der Niedergang des Kaffeemittelmarktes war nicht aufzuhalten. Man benötigte neue Geschäftsfelder oder neue Verbündete. Aus Kaffeemittelfabriken wurden Nahrungsmittelfabriken. Um die finanzielle Bais der INGA zu stärken, wurde 1959 eine 4 ¼ prozentige Obilgationenanleihe von 12 Millionen Franken unter gleichzeitiger Konvertierung der alten Anleihe aus dem Jahr 1935 ausgegeben und 1962 noch einmal eine Kapitalerhöhung auf 31,2 Millionen Franken durchgeführt. Der Sitz der INGA wurde von Schaffhausen nach Zürich verlegt.
1964 umfasste die INGA 27 Firmen mit 34 Betriebsstätten, 7000 Mitarbeitern und einem Gesamtumsatz von 440 Millionen sFr. Der Schwerpunkt lag noch immer im Lebensmittelsektor. Aber auch Bankgeschäfte, Lacke und Farben, Walzdraht und Spektromaten zählten zu den Feldern und Produkten der INGA-Beteiligungen.

Die Linzer Unternehmensführung 1954
Die Linzer Unternehmensführung 1954