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Franck in Linz

Geschichte eines Familienunternehmens

Autor: Roman Sandgruber

Was blieb? Erinnerungen an Franck

Mit dem Tod von Gustav Heinrich Franck 1970, Otto Heinrich Franck 1971 und Wilhelm Heinrich Franck 1976 war die Franck-Familie im Mannesstamm erloschen. Die Erben des Riesenvermögens waren allesamt Frauen, die von ihren Männern und Söhnen in den Aufsichts- und Verwaltungsräten und Gesellschafter-Ausschüssen vertreten wurden. Auch der Firmenname Franck war 1972 in Nestlé aufgegangen. Nur noch in Kroatien gibt es die Traditionsmarke Franck.

Das Linzer Franckviertel behielt zwar seinen Namen, aber veränderte seinen Charakter. „Das Gebiet wird häufig auch Glasscherbenviertel genannt.“ So formuliert das „LinzWiki“, ein Internetforum, seine Eindrücke über das Franckviertel. Auch in anderen Publikationen wird das Vorurteil vom „Glasscherbenviertel“ gepflegt. Der Eindruck ist falsch und hat nie gestimmt. Einst war es ein Industrieviertel, aber mit einer Arbeiteraristokratie. Heute ist es ein Büro- und Wohnviertel, das mit den am und nahe dem Europaplatz angesiedelten Unternehmen eine völlig neue Dynamik gewonnen hat: das ORF-Landesstudio am Beginn der Franckstraße, das Design-Center gegenüber und der große Komplex der Raiffeisen-Landesbank Richtung Südbahnhofmarkt.

Franck-Bürogebäude in Linz.
Franck-Verwaltungsgebäude in Linz.
Das Franckviertel prägten mehrere Bauten: die Franck-Fabrik im Zentrum, das Volkshaus und die Don-Bosco-Pfarre viel weiter südlich, die große Franckstraße, von der man nach Norden auf den Pöstlingberg schaut und nach Süden zur VOEST und Chemie. Die Eisenbahnerhäuschen und die Arbeiter-Wohnanlagen, die seit der Zwischenkriegszeit entstanden sind, erzeugen ein uneinheitliches Erscheinungsbild, mit Bauten aus allen Entwicklungsphasen. Die Dichte der Verbauung entstand erst nach 1900, mit großen Wohnanlagen der Staatsbahnen, der Stadt Linz und privater Bauherren.

An die einstige Fabrik erinnert noch das dreigeschoßige, 22achsige Verwaltungsgebäude mit leicht vorspringendem achtachsigem Mittelrisalit, das 1894/95 entstand. 1906 kam ein viertes Geschoß dazu. Es blieb im Gegensatz zu den weitgehend umgebauten Fabrikobjekten im Wesentlichen im Originalzustand erhalten.

Beamtenwohnhaus Fa. Franck Söhne
Beamtenwohnhaus Fa. Franck Söhne.
Einige Wohnhäuser des Viertels sind noch Franck-Bauten. Das ehemalige Beamtenwohnhaus in der Goethestraße 75, 1907 errichtet, ist ein freistehender villenartiger Bau mit geringem sezessionistischen Fassadendekor. Das Mansardenwalmdach mit den hohen Kaminen und einer Plattform mit Jugendstilgitter bewahrt den ursprünglichen Baucharakter. An der Wohnhausanlage in der Wüstenrotstraße 2, die 1887 von Baumeister Ignaz Scheck errichtet wurde, ist der historistische Fassadendekor heute abgeschlagen. Der Bau ist Bestandteil einer Reihe ähnlicher Beamten- und Arbeiterwohnhäuser der Fa. Franck im Bereich Khevenhüllerstraße, Grünauerstraße, Wüstenrotstraße und Liststraße. Das Beamtenwohnhaus Fa. Franck Söhne in der Zeppenfeldstraße Nr. 2 und 4-6 bzw. Wimhölzelstraße 14 wurde 1913 nach einem Entwurf Mauriz Balzarek erbaut. Es ist der letzte und jüngste der Franck’schen Wohnhausbauten.

Ehemaliger Franck-Kindergarten, das Schallerhaus.
Ehemaliger Franck-Kindergarten, das Schallerhaus Raiffeisen.
Das vielleicht auffälligste Gebäude, nicht wegen seiner Größe oder architektonischen Qualität, sondern wegen seiner Lage, findet sich am Europlatz 3a. Als „villenartiges Gebäude mit einfachem historischen Fassadendekor“ beschreibt es die Österreichische Kunsttopografie. Die 1896 erbaute und heute als „Schallerhaus“ bezeichnete „Villa“, die nie eine Villa war, diente samt ihrem großen Garten ursprünglich als „Kleinkinderschule“ oder Kindergarten der Kaffeemittelfabrik Franck & Kathreiner. Mittlerweile wurde das Gebäude aber nicht nur seines Gartens und seiner Funktion beraubt, sondern es duckt sich regelrecht zwischen den um- und einfassenden Zubauten ihres neuen Besitzers, der Raiffeisen Landesbank Oberösterreich, die das Gebäude nach ihrem bei einem Unfall verunglückten Generaldirektor in Heinrich Schaller-Haus umbenannte und für kleinere Festivitäten nutzt. Beim Bundesdenkmalamt herrsche „tiefe Frustration“, schreiben dazu im Juni 2001 die Oberösterreichischen Nachrichten, und wer sich heute den kuriosen Anblick der von Bankengebäuden eng umzingelten Villa vor Augen führt, versteht sofort warum.
Die Franck Villa in Linz, Abriss 1969/70.
Die Franck Villa in Linz, Abriss 1969/70.
Die Franck-Villa selber, 1901 von den Architekten Wilhelm Fabigan und Carl Feichtinger für den Bauherrn Carl Franck erbaut, wurde 1969/70 zugunsten des ORF-Landesstudios Oberösterreich abgetragen. Sie war etwas bombenbeschädigt, hätte aber renoviert werden können und zählte zu den bedeutendsten Bauten ihrer Art in Linz. Als reich gegliederter zweigeschoßiger Baukörper über fast quadratischem Grundriss mit hohem Mansarddach wird sie von der Kunsttopographie charakterisiert. Die Eingangsfront mit dreiachsigem Mittelrisalit wies gegen die Goethestraße. Die Gartenfront mit halbrundem Erker und seitlichem Anbau mit Loggia und darüber liegender Terrasse blickte auf das Verwaltungs- und Fabrikareal. Die Außengliederung mittels umlaufender Kolossalordnung und sparsamem sezessionistischem Dekor mit starken klassizierenden Elementen ergab einen herrschaftlichen Eindruck. Im wunderschönen großen Park, der zum Palais gehörte, standen auf einer riesigen Wiese zwei ausladende Blutbuchen. Eine davon steht heute noch auf der kleinen, vor dem ORF verbliebenen Grünfläche. Nostalgische Erinnerungen knüpfen sich an Villa und Park. Elisabeth Fuchshuber verbrachte dort Kindheit und Jugend. Dieter Fuchshuber erzählt von den Versuchen, dort seiner zukünftigen Frau das Fahren mit dem neuen Motorroller, den er gerade erworben hatte, beizubringen.

Franck Wohnanlage in Linz
Franck Wohnanlage in Linz.
Walter Franck hatte seine Villa am Pöstlingberg, Schablederweg Nr. 79 und 81. Sie war 1898 von Baumeister Raimund Jeblinger für den Bauherrn Angelo Edler von Crippa erbaut worden. 1907 erwarb sie Walter Franck und ließ sie umbauen. Sie stellt sich als vielgestaltiger drei geschoßiger Villenbau über winkeligem Grundriss dar, mit Satteldach mit seitlichen Zwerchgiebeln und Dachreiter, das Erdgeschoß in unverputztem Granitsteinmauerwerk, die Obergeschoße verputzt bzw. in Holzblockbauweise mit aufwändigen Vertäfelungen im Salon und Art-Déco-Kamin im Herrenzimmer. Das zugehörige Pförtnerhaus wurde 1907 errichtet.

Die Villa Franck/Schwaighofer, mit Stöcklgebäude, im Holzgrund 2, die 1899 von Raimund Jeblinger errichtet worden war, wurde 1918 von Walter Franck erworben. Im romantischen Schweizerhausstil erscheint sie wie eine Miniaturausgabe der in nächster Nähe für Franck erworbenen und umgebauten Unternehmervilla.

Karl Franck-Anlage am Freinberg in Linz
Karl Franck-Anlage am Freinberg in Linz.
Auch die Hummelhof-Villa ist eine ehemalige Franck-Villa. Als großzügige Villenanlage wurde sie zuerst in historistischen Formen 1890 von Baumeister Michael Lettmayr für Carl Franck errichtet. 1898/90 folgten eine Erweiterung mit Turmzubau durch Raymund Jeblinger und 1935 ein durchgreifender Umbau des inzwischen zum Sanatorium „Helenenheim“ umgewidmeten Gebäudes durch Architekt Helmut von Wagner-Freynsheim. Aus der historistischen Phase ist außer der Raumdisposition nicht mehr viel erhalten.

Am Freinberg erinnern noch die Parkanlagen, die 1904 durch eine Spende von Carl Franck errichtet wurden, mit einer Gedenktafel an den großen Förderer der Stadt Linz. Eine Franck-Spende sind auch die Glasfenster von Margret Bilger in der Evangelischen Johanneskirche A.B. Linz-Südwest: „In Memoriam Carl und Helene Franck“, gestiftet von Walter und Dora Franck“. Die Fenster im Altarraum wurden 1967 eingebaut und zeigen Themen aus der Passionsgeschichte Jesu und zum letzten Buch der Bibel, der Offenbarung des Johannes.

Franck ist in Linz noch an zahlreichen Orten erkennbar. Doch nur noch ältere Linzer vermögen mit dem Namen etwas anzufangen. Die Familien wandten sich völlig neuen Geschäftsfeldern zu. Doch sie sind immer noch präsent: als Wirtschaftstreibende, im Kulturleben und als Mäzene.