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Franck in Linz

Geschichte eines Familienunternehmens

Autor: Roman Sandgruber

Der „Muckefuck“: Der Kaffee und sein Ersatz

Franck Schutzmarke Zichorienkaffee
Franck Schutzmarke Cichorien Kaffe
1574 konnte man in einem Botanikbuch erstmals in Europa eine Notiz über den in Arabien beheimateten Kaffee lesen. Aber fast 100 Jahre lang interessierten sich nur die Naturwissenschaftler und Orientreisenden dafür. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts tauchten in Europa die ersten Kaffeehäuser auf. Je mehr sich das Kaffeetrinken verbreitete, umso größer wurde auch die Kritik daran. Kaffee sei teuer und belaste die Handelsbilanz, er sei gesundheitsschädlich oder mache gar impotent und gefährde so das damals aus militärischen Gründen besonders geförderte Bevölkerungswachstum und vermindere die Zahl der verfügbaren Rekruten.

Inländischer Kaffee oder „Café du Continent“ wurde als die europäische Alternative zum Bohnenkaffee aus Arabien, Ostafrika oder Mittel- und Südamerika entwickelt und propagiert. An die Stelle des teuren Importprodukts und des Zeit vergeudenden Kaffeehausbesuches sollten inländische und gesunde Ersatzstoffe und die sparsame familiäre Kaffeejause treten. Die Möglichkeit, den Kaffee durch Rösten billigerer und heimischer Stoffe zu imitieren, ist fast so alt wie das Kaffeetrinken selber.

Woraus allem kann man nicht Kaffee machen? Aus Eicheln, Bucheckern, Mandeln und Kastanien, aus Roggen, Gerste und Hafer, aus Hagebutten, Kletzen, Feigen und anderen Früchten, auch aus Rüben und Kartoffeln und vor allem aus den bitter schmeckenden Wurzeln der Zichorie oder Wegwarte, die in Größe und Aussehen der Zuckerrübe ähneln. Weit verbreitet als Kaffeeersatz war in Bauerngärten auch die vom Volk als Feldbohne bezeichnete Lupine. Ihre kleinen, fast kugelrunden Samenkörner wurden getrocknet und wie Kaffeebohnen geröstet.

In dieser inländischen Form wurde das teure Luxusgetränk zu einem Hauptbestandteil der Haushaltsführung der Unterschichten vom späten 18. Jahrhundert bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts. Der Ersatzkaffee sparte Devisen und schonte die Handelsbilanz, und er war vor allem viel billiger als der Bohnenkaffee. In dieser Form konnte der Kaffee zusammen mit Kartoffeln und Branntwein zur klassischen und viel kritisierten Trias der Nahrung der Industriearbeiter und städtischen Unterschichten im 19. Jahrhundert werden.

Franck´s Ersatz-Caffee für schwachen Magen. Werbetafel um 1900
Franck´s Ersatz-Caffee für schwachen Magen. Werbetafel um 1900
Aber auch die Bauern schätzten die „Kaffeesuppe“, die sie aus Milch und Kaffeeersatz mit viel Zucker bereiteten. Vor allem in Kriegszeiten boomten diese Ersatzprodukte. Bei Kaffee war es dann nicht bloß der Ersatz des Bohnenkaffees durch Zichorie, Roggenmalz oder Feigen, sondern der Ersatz dieser Ersatzstoffe durch noch billigere, irgendwie röstbare Körner, Fasern und Rinden.

“Mocca Faux”, falschen Kaffee, nannten die Franzosen den Kaffee-Ersatz. Daraus wurde in Deutschland der “Muckefuck”. Auch „Preußenkaffee“ war gebräuchlich, wegen der besonders rigorosen Bekämpfung des Bohnenkaffees durch König Friedrich II., oder überhaupt „Deutscher Kaffee“, in der Schweiz auch Päckli-Kaffee, weil der Ersatzkaffee zu einem der ersten Produkte wurde, die abgepackt verkauft wurden, ganz im Unterschied zu den Kaffeebohnen, die man offen und ungebrannt kaufte und gleich im Geschäft oder dann zuhause röstete.